Vera Westera begann erst mit rund zwanzig Jahren mit ihrer musikalischen Karriere. Sie hängte quasi ihr Englischstudium an den Nagel. Sie studierte am Konservatorium im niederländischen Arnheim, ohne zu wissen, was am Ende für sie dabei rauskam. Nach fünf Jahren schloss sie mit summa cum laude ab und >>seven years for a bachelor's as well as a master's degree.<< Vera Westera gewann so einige Preise, unter anderem >>the Netherlands Jazz Vocalists Concours (first and audience prize).<< Sie singt mit Big Bands, Ensembles oder Orchestern. 2003 war sie im Billing des angesagten North Sea Jazz Festivals in The Hague. Als Lead Sängerin ist sie Mitglied beim Biyuya Endemble und bei den Groove Troopers. 2008 erschien ihr Debütalbum unter dem Titel "A View Amazing". Vera Westera verfügt über ein ziemlich breites Repertoire und da ist nicht nur Jazz angesagt. Von diesem farbigen Fächer an Stilrichtungen konnte man sich bei den Jazzfreunden Kleve e.V. ein Bild machen.
Pünktlich betraten Vera & Friends die Bühne und zogen das Publikum mit einem Latin angehauchten Rhythmus in ihren Bann. Vera Westeras Stimme war ausdrucksstark und Clemens Horn servierte herrliche Keyboardklänge, die in einem klasse Solo mit vielen Phrasierungen mündete. Der Staffelstab der Vorstellungrunde ging weiter an den Kontrabassisten Jan Flubacher, der seine Virtuosität auf den dicken Saiten seines Arbeitsgerätes ausspielte. Thijs Verwer hatte so einige Percussion-Instrumente vor sich. Unter anderem mit einer Handtrommel, Kistentrommel (Cajón), Cowbells, einem Becken und Maiskolben zauberte er Rhythmen zum Genießen. Auch mit einer derartigen Kombination konnte er grooven ohne Ende. Oder vielleicht gerade deswegen?
Der musikalische Schirm war tatsächlich von großem Durchmesser und bunter als ein Regenbogen. Leonard Cohen, The Neville Brothers, Joni Mitchell, George Gershwin, Ray Charles, Hildegard Knef oder Paul McCartney passten nur unter das weit gespannte Dach einer Vera Westera & Friends. Das Coffeehouse wurde quasi zu einem Club in New Orleans, denn dort findet man auch diese Vielfalt an musikalischen Richtungen und Ideen. "Dance Me To The End Of Love" wurde mit schwebend-wechselnder Rhythmik zu einem expressiven Tanzlied der Freude. Vera Westera offenbarte sich als eine Meisterin des Scat-Gesangs. Unglaublich, mit welcher Hingabe, Authentizität und Variationen sie diese Lautmalerei verkörperte. Da war die furiose Imitation einer Trompete nur ein Ableger ihres vokalen Könnens.
Das Konzert hatte viele magische Momente, wie zum Beispiel "Hallelujah I Love Her So" von Ray Charles. Bei Vera Westera wurde das 'her' durch 'him' ersetzt oder als Zugabe eine sehr persönlich-introspektive Version von Paul McCartneys "My Valentine", das vom Album "Kisses On The Bottom" (2012) stammt. Außerdem versetzte der "Yellow Moon" (The Neville Brothers) das Publikum in beste Stimmung, denn die Vera & Friends-Interpretionen waren sehr individuell geprägt. Alleine schon die starke Funk-Auslage des Keyboarders Clemens Horn war so heiß wie Lava und ihm gingen in diesem langen Lied die Funk-Ideen nicht aus.
Vera Westeras Stimme war so etwas wie das vierte Instrument in der Combo. Toller Gesang harmonierte perfekt zum Piano in flotter Gangart. Improvisations-Vocals trafen auf einen Wave-Jazz der besonderen Art und verwandelte sich in einen Tango der Moderne. Jan Flubacher servierte verträumt-melodische Basssoli mit Tonvariationen am unteren Ende des Griffbretts. Die schöpferische Freiheit war subtil, filigran, dynamisch, dramatisch, sphärisch, robust ... musikalisch zog die Vera & Friends-Karawane um den Globus. Bossa Nova und Rock'n'Roll waren Gäste der Party und wenn der Rock'n'Roll mit dem Jazz ins Bett ging, dann hatte der Boogie Woogie in der Besucherritze auch ein Wörtchen mitzureden. Bei "Für mich soll's rote Rosen regnen" umarmte die Band die Musikgeschichte und das Publikum auf ganz sympathische Art und Weise. Sehr gelungen!
Perlende Keyboardklänge waren ein Quell der Freude. Als Clemens Horn überraschend seine Melodica einsetzte, sorgt er damit für ein besonderes Highlight. Szeneapplaus gab es an vielen Stellen und das Quartett war in der Lage, so manches Klischee kurzerhand über Bord zu werfen. Die Bandvorstellung wurde in ein Lied eingebettet und schließlich war auch noch ein Kirchgang angesagt, denn als Sahnehäubchen konnte ein Gospel-Gottesdienst gefeiert werden. Bei der "My Valentine"-Zugabe trug der Jazz das Lullaby-Kleid und kurz vor der Tageswende verhallten die letzten Töne in der dunklen Nacht. Wenn bei dieser Band die Rede davon ist, dass sie sich nicht in eine >>Jazzjacke<< zwängen lässt, sondern gekonnt und abenteuerlustig die Stilrichtungen wechselt, dann traf diese Formulierung den berühmten Nagel auf den Kopf. Hats off, Vera, Jan, Clemens und Thijs!
Soundanalyse bedankt sich bei den Jazzfreunden Kleve e.V. für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Vera Westera (vocals)
Jan Flubacher (upright bass)
Clemens Horn (keyboards, melodica)
Thijs Verwer (percussion)